Unabhängigkeit von fossiler Energie – Teil 2: Strom- und Wärmeerzeugung

In unserer Reihe „Energie-Umdenken“ beschäftigten wir uns mit der Frage, wie wir uns von der Abhängigkeit von fossilen Energieträgern lösen können und geben Tipps, um den extrem hohen Energiepreisen entgegenzuwirken.

In Teil 1 der Reihe „Energie-Umdenken“ haben wir Tipps zum Energiesparen und zur Energieeffizienz vorgestellt. Teil 3 erscheint in den kommenden Tagen zum Schwerpunkt Mobilität.

In diesem Beitrag geht es um das Schwerpunktthema Strom und Wärme. Dabei nehmen wir die Erzeugung unter die Lupe.

Nachhaltigkeit schafft Unabhängigkeit. Denn die Nutzung Erneuerbarer Energien, oder wie es Bundesfinanzminister Christian Lindner formulierte: „Freiheitsenergien“, machen den Import fossiler Energieträger überflüssig. Und Deutschland damit unabhängig von Gas- und Öllieferanten. Zudem sind erneuerbare Energien klimaschonend und vor Ort verfügbar. Dass Strom also künftig immer mehr aus Sonnen- und Windenergie gewonnen wird, ist selbstverständlich. Die aktuelle Krise bringt diesem Prozess zusätzlichen Aufwind. Was aber können Kommunen und Unternehmen konkret unternehmen, um Strom und Wärme nachhaltig und unabhängig zu erzeugen?

Tipp 1: Strom aus erneuerbaren Energien

„Make or buy – wir müssen uns beim Strom auf das ‚Make‘ konzentrieren und mehr Energie vor Ort bereitstellen um weniger zu importieren – und das heißt Strom aus Wind und Sonne“, zeigt Christian Synwoldt, Leiter Nachhaltige Energieversorgung bei der Energieagentur Rheinland-Pfalz, den Weg aus der fossilen Abhängigkeit auf.

Photovoltaik sieht man mittlerweile auf vielen Dächern. Für kommunale Gebäude – ob Liegenschaft oder Kläranlage - aber auch für gewerbliche Objekte, die häufig über eine große Dachfläche verfügen, ist dies eine gute Möglichkeit, eigenen, nachhaltigen Strom zu produzieren. Je nach Lastprofil des Verbrauchers sowie der Größe der Photovoltaik-Anlage lassen sich 30 bis 60 Prozent des Stromverbrauchs durch Photovoltaik-Eigenversorgung ersetzen. Ebenso können geeignete Freiflächen zur Nutzung von Sonnenenergie verwendet werden.

Auch die Nutzung von Windenergie ist eine Option, auf Erneuerbare Energien umzusteigen. Bioenergie ist aufgrund der guten Speichereigenschaften nach Bedarf einsetzbar und damit eine gute Ausgleichs- und Regelenergie in Ergänzung zur Wind- oder Solarenergie. Sie sollte aber nicht für eine Grundlastversorgung genutzt werden.

Ansprechpartner für Kommunen und Unternehmen zu Erneuerbaren Energien bei der Energieagentur Rheinland-Pfalz finden.

Tipp 2: Wärmeversorgung effizienter gestalten

Ein hydraulischer Abgleich und eine geregelte Heizungsumwälzpumpe sind ein erster Weg, um die Heizanlage kostengünstig zu optimieren und die Effizienz zu steigern. Dazu wird für jeden Raum die erforderliche Heizleistung berechnet, die Heizkörper justiert und das Heizsystem entsprechend eingestellt.

Eine weitere Möglichkeit für mehr Effizienz beim Heizen ist der Einsatz eines Wärmetauschers, wenn eine Anlage zur kontrollierten Lüftung der Räume vorhanden ist. Dieser kann den Wärmebedarf um bis zu 30 Prozent reduzieren.

„Um unsere Klimaschutzziele im Zeitkorridor von 2035 und 2040 zu erreichen, müssen wir weg von fossilen Energieträgern, also Öl oder Gas, und hin zum brennstofffreien Heizen, beispielsweise mit Wärmepumpe in Kombination mit einer Photovoltaik-Anlage“, so Paul Ngahan, stellvertretender Abteilungsleiter Nachhaltige Energieversorgung & Referent für Nachhaltige Wärmeversorgung von der Energieagentur Rheinland-Pfalz. „Den Umstieg empfehlen wir so schnell wie möglich – sofern die Heizung sanierungsbedürftig ist.“

Bei der Neuanschaffung bzw. Sanierung einer Heizanlage sollten sowohl Investitions- als auch Betriebskosten mit bedacht werden: „Die Investitionskosten können bei fossilen Lösungen günstig ausfallen, aber man muss auch die langfristigen Betriebskosten im Auge behalten. Hier spielen die fluktuierenden Kosten für Öl und Gas ebenso eine Rolle wie die CO2-Steuer“, erklärt Stefan Beyer, Referent Kommunale Wärmestrategie bei der Energieagentur Rheinland-Pfalz.

Um individuelle Mehrkosten durch die CO2-Bepreisung (excel, 307 KB) zu ermitteln, kann der Rechner genutzt werden.

Es ist langfristig kosteneffizienter, bei der Anschaffung einer neuen Anlage mehr Geld zu investieren, um dadurch die Betriebskosten so stabil und niedrig wie möglich zu halten.

Derzeit gibt es attraktive Fördermöglichkeiten für die Umstellung der Heizung.

Mit ihrem Beratungsangebot unterstützt die Energieagentur Rheinland-Pfalz Kommunen bei der (Weiter-)Entwicklung einer Kommunalen Wärmestrategie und Beantworten von Fragen wie: Wo steht die Kommune aktuell bei ihrer kommunalen Wärmeplanung? Welche Potentiale für Nahwärme gibt es vor Ort?

Für Kommunen, die ihre Bürgerinnen und Bürger ansprechen und über klimafreundlichere Möglichkeiten zu heizen informieren möchten, kann die WärmeEffizienzKampagne (WEK) ein weiterer nützlicher Baustein sein. Die Energieagentur Rheinland-Pfalz unterstützt Kommunen dabei, gemeinsam Informationsveranstaltungen zu organisieren und eine Vortragsreihe zum Thema: „Welche Heizung passt zu meinem Haus?“ durchzuführen.

Tipp 3: Zukunftstechnologie: (Kalte) Nahwärme

Die Nutzung von Nahwärme ermöglicht eine nachhaltige Wärmeversorgung - lokal und dezentral. Eine gemeinsame Wärmeversorgung auf regenerativer Basis – beispielweise einer Ortsgemeinde, in einem Baugebiet oder einem (Bestands-)Quartier - kann über Solarthermie, Geothermie, Abwärme oder in Ergänzung dazu mit Biomasse wie Holzhackschnitzel oder Pellets realisiert werden.

Grundlegendes und praktische Hilfestellung finden Kommunen auch im „Praxisleitfaden Nahwärme“ der Energieagentur Rheinland-Pfalz. In Kürze wird eine aktualisierte Auflage des Praxisleitfadens veröffentlicht – den finden Sie auf der Publikationen-Webseite der Energieagentur Rheinland-Pfalz.

Zukunftsweisend ist die noch relativ selten angewandte Technologie zur Nutzung kalter Nahwärme, eine lokale Lösung, die die Erdwärme als Energiequelle nutzt.

Zwar sind die Anfangsinvestitionen bei dieser Technologie relativ hoch, die Betriebs- und Wartungskosten aber sehr gering und unabhängig von steigenden Kosten und der CO2-Bepreisung fossiler Brennstoffe. Neben der Erzeugung von Wärme und Warmwasser bietet das Prinzip der Kalten Nahwärme (pdf, 1,2 MB) zusätzlich die Möglichkeit, Häuser bei großer Hitze in der heißen Jahreszeit auch kostenlos zu kühlen. „Wenn alle Rahmenbedingungen gegeben sind, d.h. eine Fußbodenheizung vorhanden ist oder das Gebäude energetisch saniert wurde, ist kalte Nahwärme auch im Bestandsgebäude sinnvoll und empfehlenswert“, erklärt Paul Ngahan.

Die Energieagentur Rheinland-Pfalz unterstützt Kommunen beim Finden von passenden Fördermitteln, beispielsweise für eine Machbarkeitsstudie aber auch für die konkrete Projektumsetzung.

Ansprechpartner der Energieagentur Rheinland-Pfalz zum Thema Nachhaltige Wärmeversorgung finden.

Hintergrund

Schon vor dem Ukraine-Krieg waren die Energiepreise hoch, doch seit dem Einmarsch russischer Truppen in das osteuropäische Land explodieren in Deutschland die Preise für Gas und Öl geradezu. Der Anteil der aus Russland importierten Energie beträgt bei Gas 55 Prozent, 50 Prozent bei Kohle und 35 Prozent beim Öl - das sind rund 30 Mio. Tonnen pro Jahr alleine aus Russland.

Die Zahlen zeigen, wie abhängig Deutschland von den Importen und damit den Lieferanten fossiler Energieträger ist. Und der Ukraine-Krieg macht mehr als deutlich, wie wichtig eine energiepolitische Unabhängigkeit ist. Deshalb gilt es mehr denn je, den Ausbau erneuerbarer Energien zu forcieren. Denn nur mittels nachhaltiger Energiequellen kann Deutschland energiepolitisch unabhängig werden und gleichzeitig den Klimaschutz vorantreiben.