Wasserstoff - Herstellung, Nutzung und Zukunft

Wasserstoff ist einer der Energieträger, die eine nachhaltige Energieversorgung ermöglichen. Der Energieträger ist vielseitig nutzbar: als Kraftstoff und Stromspeicher für Erneuerbare Energien-Anlagen Wasserstoff.  Klimafreundlich hergestellter Wasserstoff hilft insbesondere in den Bereichen Industrie und Verkehr, die CO2-Emissionenzu reduzieren, insbesondere dort, wo eine direkte Nutzung von erneuerbaren Energien nicht möglich bzw. ausreichend ist. Christian Synwoldt, Referent für Wasserstoff und Sektorenkopplung klärt in fünf Statements über die Besonderheiten, Herstellung, Nutzung, Speicherung und die Zukunft von Wasserstoff auf.

1.    Was ist das Besondere an Wasserstoff?
Wasserstoff ist nicht nur das leichteste Element mit den kleinsten Molekülen. Die Substanz lässt sich als (Sekundär-)Energieträger einsetzen und ohne CO2-Emissionen in Heizungen und Motoren verbrennen oder in Brennstoffzellen zu Strom und Wärme umsetzen. In der Brennstoffzelle entsteht ausschließlich Wasserdampf, bei der Verbrennung zusätzlich auch Stickoxide und in Motoren auch Verbrennungsrückstände vom Schmiermittel.
Derzeit wird der überwiegende Teil des Wasserstoffs für stoffliche Zwecke in der chemischen Industrie eingesetzt: Zur Herstellung von Basischemikalien wie Ammoniak und Methanol, aber auch als Kältemittel in Großgeneratoren. Eine künftige stoffliche Nutzung stellt der Einsatz von Wasserstoff – anstelle von Kohle – als Reduktionsmittel bei der Stahlherstellung dar (Direktreduktion). Durch den Einsatz von Wasserstoff als Reduktionsmittel lassen sich knapp 20 Millionen Tonnen an CO2-Emissionen vermeiden.
Wasserstoff lässt sich wie andere Gase transportieren und speichern, die Energiedichte (Energiemenge pro Kubikmeter) beträgt jedoch nur rund ein Viertel der Energiedichte von Erdgas.


2.    Wie wird Wasserstoff hergestellt?
Wasserstoff ist in sehr großen Mengen auf der Erde vorhanden, liegt jedoch praktisch immer in gebundener Form vor. Neben Wasser sind das vor allem Biomassen und fossile Kohlenwasserstoffe wie Erdöl und Erdgas, aber genauso auch Kunststoffe.
Aktuell wird Wasserstoff überwiegend aus Erdgas und Erdöl durch die Dampfreformierung oder partielle Oxidation hergestellt. Dabei fallen CO2-Emissionen von 9-19 t CO2/t H2 an. Andere Verfahren basieren auf der Elektrolyse, Pyrolyse oder Thermolyse von wasserstoffhaltigen Substanzen.
Für die Herstellung von grünem Wasserstoff eignet sich in erster Linie eine Elektrolyse, die beispielsweise mit Wind- und/oder PV-Strom betrieben wird. In begrenztem Umfang sind auch Verfahren auf der Basis von Biomassen, meist Abfällen und Reststoffen, oder mit Biomassen (z. B. bakterielle Prozesse) geeignet.
Insbesondere der hohe Energieaufwand für die Herstellung von Wasserstoff, aber auch für die Infrastrukturen (Transport, Speicher) wird zu Preisen führen, die deutlich über den Kosten für fossiles Erdgas liegen.


3.    Wofür eignet sich Wasserstoff – und wofür weniger?
Neben dem stofflichen Einsatz in verschiedenen Grundstoffindustrien (Stahl, Chemie) lässt sich Wasserstoff prinzipiell als Ersatz für sämtliche fossilen Energieträger heranziehen. Durch weitere chemische Veredelungsprozesse werden auf der Basis von Wasserstoff sämtliche heute genutzten Kohlenwasserstoffe (Kraft- und Brennstoffe, Ausgangsmaterialien für die Herstellung von Kunststoffen, Schmiermitteln, Lacken, …) erzeugt.
Der Vielfalt an Anwendungen steht ein begrenztes Potenzial der in- und ausländischen Erzeugung gegenüber:
•    Als vorrangig gilt daher ein stofflicher Einsatz für industrielle Anwendungen.
•    Wasserstoff und auf Wasserstoff basierende synthetische Kraftstoffe stellen für Langstreckentransporte (Schiff, Flug) derzeit die einzige emissionsarme Option dar.
•    Bereits bei Bahnen, Bussen und LKW ergibt sich ein breiter Einsatzbereich, für den sowohl batterieelektrische Lösungen wie auch Wasserstoff/Wasserstoffderivate geeignet sind.
•    Der Einsatz als Kraftstoff im Individualverkehr oder für die Gebäudeheizung ist aufgrund der begrenzten Verfügbarkeit, der geringen Effizienz und der hohen Kosten nicht empfehlenswert – hier ist der direkte Einsatz von elektrischer Energie vorzuziehen.


4.    Wie lässt sich Wasserstoff speichern?
Als Gas lässt sich Wasserstoff speichern. An zwei Beispielen sollen jedoch die physikalischen Grenzen deutlich werden.
•    Der stark saisonal geprägte Absatz von Erdgas – in den Wintermonaten 3-4-mal höher als im Sommer – ist nur durch die Nutzung großer Untertagespeicher möglich. Diese verfügen über ein Fassungsvermögen von rund einem Viertel des jährlichen deutschen Erdgasbedarfs. Für den Betrieb mit Wasserstoff eignet sich jedoch nur ein Teil von ihnen (Kavernenspeicher). Aufgrund der geringeren Energiedichte von Wasserstoff beträgt das zur Verfügung stehende Speichervolumen lediglich ein Achtel der Energiemenge (bezogen auf Erdgas). Zudem sind sämtliche Kavernenspeicher im Norddeutschen Raum lokalisiert.
•    Angenommen, der Wärmebedarf eines Einfamilienhauses liegt bei 3.000 l Heizöl pro Jahr. Der Tank nimmt derzeit ca. 2 m² Grundfläche in Anspruch. Für die Speicherung derselben Energiemenge in Wasserstoff-Druckgasflaschen – ähnlich wie sie auf Baustellen zum Einsatz kommen – wären ca. 1.100 Druckgasflaschen erforderlich. Damit wäre die Kellerfläche in den meisten Fällen komplett belegt.


5.    Wann ist Wasserstoff verfügbar?
Die Bundesregierung hat die Ausbauziele für die inländische Wasserstoffproduktion – gegenüber der früheren Bundesregierung – verdoppelt. Grob abgeschätzt lässt sich ab 2030 so rund die Hälfte des aktuellen Wasserstoffbedarfs der chemischen Industrie bereitstellen.
Über eine als Kernnetz bezeichnete Fernleitungsgasinfrastruktur sollen bis 2032 die großen industriellen Verbrauchszentren eine Pipelineanbindung an Küsten für den Import von Wasserstoff erhalten. Eine flächendeckende Umstellung von Gas-Verteilnetzen auf Wasserstoff ist derzeit nicht absehbar.