Wer darf Ladeinfrastruktur an Autobahn-Raststätten errichten?

Foto: Energieagentur Rheinland-Pfalz

Die Autobahn GmbH, eine Zweckgesellschaft die sich um die Verwaltung der Bundesautobahnen kümmert, hatte 2022 an das Unternehmen Tank & Rast den Auftrag vergeben, Schnellladesäulen an Raststätten zu errichten. Tank & Rast sowie das Unternehmen Ostdeutsche Autobahntankstellen betreiben etwa 90 Prozent aller Rastanlagen an deutschen Autobahnen und wählen daher Tankstellenbetreiber und Gastronomiebetriebe dort frei aus. Dasselbe sollte nach Ansicht der Autobahn GmbH auch für Ladeinfrastrukturbetreiber an den Raststätten gelten. Sie weitete ihre Konzessionsverträge daher auf das Thema Ladeinfrastruktur aus.

Fastned bezweifelt Rechtmäßigkeit der Beauftragung von Tank & Rast

Dies sahen die Betreiber Fastned Deutschland GmbH und Tesla Deutschland anders und klagten gegen die Ausweitung der Konzessionsverträge. Nach Ihrer Auffassung müsse der Wettbewerb für Ladeinfrastruktur an Autobahnraststätten offen sein und erfordere daher EU-weite Ausschreibungen mit Ermittlung des besten Angebots. Tesla zog sich zwischenzeitlich aus dem Rechtsstreit zurück.

Das zuständige Oberlandesgericht Düsseldorf bat im Sommer 2023 den Europäischen Gerichtshof EuGH um eine Beurteilung der Vorschriften der Europäischen Union über die Vergabe von Konzessionen. Eine dieser Vorschriften gestattet es unter bestimmten Voraussetzungen, eine bestehende Konzession ohne Durchführung eines neuen Vergabeverfahrens zu ändern, wenn die Änderung aufgrund unvorhersehbarer Umstände „erforderlich wurde“. 

EuGH: Änderung des Konzessionsvertrages unter bestimmten Voraussetzungen möglich

Der EuGH hat Ende April nun sein Urteil in diesem Vorabentscheidungsgesuch veröffentlicht. Dort wird festgestellt, dass eine Änderung eines Konzessionsvertrags ohne Durchführung eines neuen Vergabeverfahrens auch dann möglich sei, wenn die Konzession ursprünglich ohne EU-weiten Wettbewerb an eine In-House-Einrichtung vergeben und der Konzessionsnehmer mittlerweile privatisiert wurde. Tank & Rast und die Ostdeutsche Autobahntankstellen entstanden im Rahmen einer Privatisierung bundeseigener Gesellschaften in den 1990er Jahren. Diese Entscheidung stützt die Auffassung der Autobahn GmbH.

Allerdings formuliert der EuGH weitere Bedingungen, die erfüllt sein müssen, um Konzessionsverträge ohne Vergabeverfahren nachträglich zu ändern. Die neu eingetretenen Umstände müssen für einen „seiner Sorgfaltspflicht nachkommenden öffentlichen Auftraggeber“ nicht vorhersehbar gewesen sein, dürfen den Gesamtcharakter der fraglichen Konzession nicht verändern und dürften den Wert des Vertrags „grundsätzlich um höchstens 50 % des Wertes der ursprünglichen Konzession“ erhöhen.

Finales Urteil im Prozess fällt in Düsseldorf

Die Entscheidung des EuGH ist kein Urteil im Prozess zwischen Fastned und der Autobahn GmbH. Es liegt nun wieder beim Oberlandesgericht Düsseldorf zu prüfen, ob diese Voraussetzungen im vorliegenden Fall zutreffen und die Beauftragung von Tank & Rast mit dem Aufbau von Schnellladeinfrastruktur damit rechtens war. Damit geht der Rechtsstreit in die nächste Phase. Währenddessen ist der Ausbau von Schnellladeinfrastruktur an Raststätten entsprechend zum Erliegen gekommen. Kein Betreiber möchte das Risiko eines schnellen Rückbaus kostspieliger Infrastruktur an Tank & Rast Standorten eingehen, sollte das Urteil zugunsten Fastneds ausfallen.

Zum Urteil des EuGH