PV-Ausbau in Kommunen: Klimaschutz wirtschaftlich gestalten

Das Alzeyer Rathaus als sichtbares Zeichen für die Energiewende; Bild: wicarus

Anfang der 2010er Jahre begann die Stadt Alzey öffentliche Dachflächen an Energiegenossenschaften zu verpachten, damit Photovoltaik (PV)-Anlagen installiert und erneuerbare Energien genutzt werden können. Für eigene Anlagen schien der Aufwand für Planung und Ausschreibung im Verhältnis zum erwarteten Ertrag lange Zeit zu hoch. Die Entwicklung der Strompreise und die Einstellung eines Klimaschutzmanagers haben jedoch zu einem Umdenken in der Verwaltung geführt. Einen Anreiz bot auch das „KIPKI“-Förderprogramm des Landes Rheinland-Pfalz, mithilfe dessen über 500.000 Euro in eigene PV-Anlagen investiert werden konnten. Inzwischen haben Verwaltung und Stadtrat von Alzey sich zum Ziel gesetzt, bis 2026 über 350 kWp PV-Leistung zu installieren.

Planung und Priorisierung von PV-Anlagen 

In einem ersten Schritt erstellte der Klimaschutzmanager Marcel Klotz eine Übersicht über den Energieverbräuchen aller kommunalen Gebäude. Daraus ergaben sich in Alzey 15 Gebäude mit einem Jahresstromverbrauch von über 20.000 kWh. Im nächsten Schritt wurde das Solarpotenzial mithilfe des Solarkatasters Rheinland-Pfalz ermittelt. Die umgebende Bebauung, Bäume oder auch die Dachform können das Potenzial zur Stromerzeugung einschränken. Die maximal mögliche Leistung und der zu errechnende Ertrag aus dem Solarkataster wurden von Marcel Klotz mit der Verbrauchsübersicht abgeglichen.

Eine Priorisierung für den Bau von PV-Anlagen kann anhand der möglichen Einsparung an Stromkosten pro Jahr erfolgen, die das Solarkataster ebenfalls überschlägig ausgibt. „Beim Netzbetreiber erfährt man die jeweilige maximal mögliche Anschlussleistung und damit die Anlagenleistung. Bei einer geringeren nutzbaren Anschlussleistung muss die Berechnung im Solarkataster angepasst werden. Eventuell können im Gespräch mit dem Netzbetreiber auch eine Anpassung des Hausanschlusses oder andere Maßnahmen getroffen werden, um die beantragte PV-Leistung anschließen zu können“, beschreibt Klimaschutzmanager Klotz die weiteren Schritte und ergänzt: „Weitere zu prüfende Faktoren sind der Denkmalschutz und die Statik der einzelnen Gebäude.“ Sofern es sich um denkmalgeschützte Gebäude handelt oder diese benachbart sind, konnte die Stadt Alzey mit der Unteren Denkmalschutzbehörde einvernehmliche Lösungen finden. So musste beispielsweise eine symmetrische Anordnung der Module oder die Ausführung als vollschwarze Module erfolgen. Zur Berechnung der Statik stellte die Stadt dem beauftragten Büro - soweit vorhanden - Pläne und das Baujahr des Gebäudes zur Verfügung. Wenn die PV-Anlage statisch machbar war, gab das Büro die maximal zulässige Last pro Quadratmeter Dachfläche an, die der Solarteur auf das Dach bringen durfte. Das Ergebnis ist eine Prioritätenliste zur Umsetzung von PV-Projekten.

Von der Ausschreibung bis zur Umsetzung

„Erste Daten für die Ausschreibung wie Gebäudehöhe, Art der Dacheindeckung, gewünschte Gesamtleistung der Anlage und Mindestleistung der Module pro Quadratmeter, müssen ermittelt werden. Auch die mögliche Leitungsführung und Platzierung der Wechselrichter und unter Umständen des Stromspeichers sollte vor Ort überlegt und im Leistungsverzeichnis festgehalten werden“, beschreibt Klotz das Vorgehen Hilfreich sei, einen Solarteur hinzuzuziehen. Dieser gibt meist sehr praxisnahe Hinweise für die Umsetzung einer PV-Anlage, die später Kosten sparen. Klar ist, dass nicht immer alles im Vorfeld sicher geklärt werden kann. So sind Anpassungen während der laufenden Arbeiten manchmal unumgänglich. Die Schätzungen der Solarteure ermöglichen auch einen Richtpreis, nach dem die Stadt Alzey das notwendige Ausschreibungsverfahren gewählt hat. Die voraussichtlichen Kosten ermöglichen eine erste Einschätzung, wie viele Projekte realisierbar sind.

Wichtig für die Kostenermittlung ist der Nullsteuersatz für die Lieferungen und den Verbau von Solarmodulen einer Photovoltaikanlage sowie des Stromspeichers. Dieser gilt u. a. für öffentliche Gebäude, die für Tätigkeiten genutzt werden, die dem Gemeinwohl dienen, unabhängig von der Anlagengröße. So konnte die Stadt Alzey 19 Prozent Mehrwertsteuer für die PV-Anlagen auf dem Bauhof, Freibad, Kindergarten, Rathaus, Jugend- und Kulturzentrum, der Grundschule und Feuerwache sparen. Letztlich brachte das Einsparungen im niedrigen sechsstelligen Bereich.

Im Ausschreibungsverfahren bewertete die Stadt Alzey neben dem Preis auch, ob ein Unternehmen eine kurzfristige Störungsbeseitigung und schnelle Einsatzfähigkeit vor Ort innerhalb von drei Werktagen zusicherte. „In den meist öffentlichen Ausschreibungsverfahren haben sich in der Regel rund zehn Bieter beworben. Oft konnten Preise erzielt werden, die deutlich unter der Schätzung lagen“, berichtet der Klimaschutzmanager. Mit der gewonnenen Erfahrung und wachsenden Kompetenz der städtischen Mitarbeiter entschied sich die Stadt Alzey 2023, alle PV-Anlagen selbst auszuschreiben. Dies hat sich bereits gelohnt: Die PV-Anlagen haben eine errechnete Amortisationszeit von vier bis zehn Jahren. Der Bürgermeister der Stadt Alzey, Steffen Jung, freut sich über die Fortschritte: „Der Ausbau der Photovoltaik zeigt deutlich, wie wirtschaftlich Klimaschutz sein kann und stellt eine Aufwärtsspirale für weitere Maßnahmen dar. Ich bin sehr froh und dankbar, dass unser Klimaschutzmanager, zusammen mit dem Technischen Gebäudemanagement, die Projekte so konsequent und erfolgreich umsetzt“.

Strombilanzkreismodell für effiziente Stromnutzung

Eine Besonderheit der Ausschreibungen war eine mit der EWR AG abgestimmte Software, die es der Stadt Alzey und ihrem Dienstleister EWR ermöglicht, das Strombilanzkreismodell anzuwenden. Dies bedeutet an einem Beispiel, dass die PV-Anlage auf dem Rathaus das Museum ohne PV-Anlage bilanziell mit Strom mitversorgen kann. Der Stadtrat folgte dem Vorschlag von Marcel Klotz, die Einsparungen aus der Gesamtinvestition inklusive der KIPKI-Mittel in weitere Erneuerbare-Energien- und Wärmepumpenprojekte zu reinvestieren. Damit sieht sich die Stadt auf einem guten Weg, ihre Gebäude umweltfreundlich und kostengünstig mit Strom zu versorgen.


Ansprechpartner 
Marcel Klotz
Klimaschutzmanager Alzey
E-Mail: marcel.klotz@alzey.de

Weitere Informationen: 

Whitepaper „Besteuerung von Photovoltaikanlagen ab dem 1. Januar 2023 – „sog. Nullsteuersatz“ Jahressteuergesetz 2022“ (Horst Meffert) 


Dieser Beitrag ist ein Teil der Best Practice-Reihe “Kommunen Machen Klima”, die aufzeigen möchte, wie vielfältig und ideenreich die Initiativen der Städte und Gemeinden im Land für den Klimaschutz sind - nachmachen ist dabei ausdrücklich erwünscht! 

Seit 2025 erscheint die Reihe “Kommunen Machen Klima” im Rahmen des Kommunalen Klimapakts Rheinland-Pfalz (KKP). Sie wird gemeinsam von der Energieagentur Rheinland-Pfalz, Gemeinde- und Städtebund, dem Kompetenzzentrum für Klimawandelfolgen Rheinland-Pfalz, Ministerien, Landkreistag und Städtetag getragen.