Das Rathaus als Vogelkolonie

Als „schwalbenfreundlich“ ist das Rathaus der Gemeinde Schiesheim im Rhein-Lahn-Kreis bereits ausgezeichnet. Jetzt will der 280-Einwohner-Ort noch mehr tun: An einem Turm nebenan sollen weitere Nisthilfen angebracht werden, für Fledermäuse und Mauersegler.

Vor drei Jahren war Felix Schön, Dorfbewohner und beim Nabu aktiv, auf die damalige Bürgermeisterin Evelin Stotz zugegangen mit der Idee, an der Fassade des Rathauses künstliche Schwalbennester anzubringen. Sie, wie auch ihr Nachfolger Norbert Fey, waren sofort dabei.

Vier Brutpaare waren 2019 gezählt worden, heute sind es 25. Und das liegt an den mittlerweile mehr als 60 „Fertighäusern“ für Mehlschwalben, gleich unterhalb des Dachüberstands. Denn die als Glücksbringer traditionell geschätzten Flugakrobaten haben es immer schwerer, Baumaterial für ihre kunstvoll an Fassaden geklebten Nester zu finden: Lehm und Schlamm werden in „aufgeräumten“ Dörfern mit immer mehr versiegelten Flächen rar.

Nistplätze auch am Turm

Was bei den Mehlschwalben erfolgreich gewirkt hat, soll von der kommenden Brutsaison an weiteren Arten helfen. Seit die Zahl alter Scheunen und rissiger Hausfassaden stetig abnimmt, finden Fledermäuse immer weniger Fortpflanzungsquartiere. Und Mauersegler, von vielen Menschen fälschlich als „große Geschwister“ der Schwalben angesehen, können angesichts fortschreitender Gebäudesanierungen zusätzliche Nistplätze ebenfalls gut gebrauchen.

„Die Gemeinde Schiesheim wird ihren Beitrag leisten – und hofft auf viele Nachahmer in anderen Kommunen“, sagt Ortsbürgermeister Norbert Fey. Möglichst viele Nachahmer würden ihn freuen – ob kommunal oder privat.

Weitere Informationen bei Felix Schön, felixschoen98@gmail.com.


Was Vögel brauchen

Felix Schön, Initiator der Nisthilfe-Aktion in der Gemeinde nahe der Hessischen Landegrenze und aktiv im Nabu, erläutert im Interview, wie man es richtig macht.

Schwalben an der Hauswand sind vielen Menschen durchaus willkommen. Worauf muss man achten, damit es den Vögeln und den Menschen auch gut bekommt?

Wichtig ist genug Dachüberstand, als Wetterschutz für das Nest. Außerdem sollte das Nest hoch genug  an der Hauswand sein, möglichst über drei bis vier Meter, und direkt davor keine hohen Büsche oder Bäume.

Unter den Nestern können so genannte Kotbretter helfen, Verschmutzungen an der Fassade zu vermeiden. Solche Bretter müssen mindestens 60 Zentimeter unterhalb vom Nest angebracht sein, damit Marder oder Katzen sie nicht für Raubzüge nutzen können. 

Durch die – für den Klimaschutz dringend nötige – Sanierung alter Häuser verlieren viele Insektenfänger potenzielle Nistplätze. Gibt es Abhilfe oder Ersatz?

Es gibt im Handel Nistkästen aus Holzbeton, die in die Fassadendämmung integriert werden können. Wenn früher vorhandener Rauputz ersetzt wird, können Rauputzstreifen unter dem Dachüberstand oder Kunstnester helfen. Naturschützer vor Ort wissen in der Regel, wo Nisthilfen zu haben sind, auch übers Internet sind sie zu finden. Bei speziellen Modellen kann die Lieferzeit durchaus länger sein.

Mauersegler sind so ortstreu, dass neue Nisthilfen möglichst an gewohnten Stelle anzubringen sind. Nester dürfen ohne Abstimmung mit der Unteren Naturschutzbehörde nicht entfernt werden; Ersatz schaffen ist außerdem vorgeschrieben – meistens im Verhältnis zwei zu eins.

Was wünschen Sie sich darüber hinaus?

Lehmpfützen in den Gärten wären toll, und in Nistplatz-Nähe. Eine Kuhle mit Lehm und Wasser drin, backblechgroß, reicht schon.  

Ganzjähriger bediente Futterplätze helfen sehr, eine insektenfreundliche Gartengestaltung  und seltenes Mähen ebenfalls. Natürlich Gärtnern ohne Pestizide. Und im Naturschutz engagieren!


Best-Practice-Serie "Kommunen Machen Klima"

Klimawandel und Energiewende sind Herausforderung und Chance zugleich. Den Kommunen kommt bei ihrer Bewältigung eine zentrale Rolle zu – sie gestalten mit ihren Entscheidungen, Maßnahmen und Projekten die Zukunft ihrer Bürgerinnen und Bürger. Und sie sind in vielen Fällen Vorbilder beim Einsatz für den Erhalt einer lebenswerten Umwelt.

Eine Reihe von besonders gelungenen Beispielen präsentieren wir regelmäßig im Rahmen der Serie "Kommunen Machen Klima": erfolgreiche Projekte, innovative Lösungen, ermutigende Erfolge, Chancen für die Zukunft. Alle zwei Wochen, immer dienstags, finden Sie einen neuen Beitrag auf der Seite "Kommunen Machen Klima" – verbunden mit der Hoffnung, dass die vorgestellten Taten möglichst viele Nachahmer finden werden. Denn der interkommunale Austausch kann Klimaschutz, Energiewende und eine klimaangepasste Entwicklung beflügeln. Kurz: Nachmachen ist ausdrücklich erwünscht!

Auch diese „Best-Practice“-Serie ist eine Gemeinschaftsaktion. Sie wird getragen von Landkreistag, Gemeinde- und Städtebund, Städtetag und der Energieagentur Rheinland-Pfalz, unterstützt vom Kompetenzzentrum für Klimawandelfolgen.