Böhl-Iggelheim: Bürgerbeteiligung als Erfolgsgarant für kommunalen Klimaschutz

Das Jahr 2011 markiert in der Geschichte der Gemeinde Böhl-Iggelheim so etwas wie eine Zeitenwende: in diesem Jahr entschied sich die Verwaltungsspitze mit Bürgermeister Peter Christ für den Beitritt zum Konvent der Bürgermeister. Und dies trotz der Verpflichtung, das ehrgeizige Ziel, die CO2 Emissionen um 20 % bis zum Jahr 2020 senken, noch zu übertreffen. „Das ist schon eine sportliche Herausforderung, wenn man überlegt, dass das Gros der klimaschonenden Maßnahmen in einer Kommune wie Böhl-Iggelheim durchaus überschaubar ist“, bekennt der Verwaltungschef.

Klimaschutzteilkonzept Verkehr „Klimafreundliche Mobilität“

Vor der Planung und Umsetzung der Klimaschutzaktivitäten hat die Gemeinde Böhl-Iggelheim eine CO2-Bilanzierung erstellt. Sie erbrachte einen überdurchschnittlichen hohen Anteil des Verkehrssektors an den Treibhausgasemissionen in der Gemeinde. Zahlen, die Bürgermeister Christ auch in ihrer Höhe nicht überraschten: Auf rund 11.000 Einwohner kommen in der Gemeinde rund 8.500 Fahrzeuge, nicht zuletzt das Ergebnis eines hohen Auspendleranteils in die Wirtschaftszentren rund um Ludwigshafen, auch wenn die gute Anbindung des öffentlichen Nahverkehrs in die Ballungszentren vielleicht andere Zahlen erwarten lässt. Angesichts dieser Tatsache können die bereits realisierten klimaschonenden Wärmeverbundlösungen in der Gemeinde das klimarelevante Gewicht des Verkehrssektors kaum ausgleichen.  

Wo in anderen Kommunen beim Erstellen von Klimaschutzkonzepten zunächst die eigenen Liegenschaften in den Fokus rücken, ging man in Böhl-Iggelheim einen anderen Weg: “ Nachdem wir die Themen Windkraft, Solarenergie und Nahwärmenetze abgearbeitet hatten, haben wir uns aufgrund der hohen CO2-Immissionen im Verkehrssektor den Schwerpunkt im Bereich Mobilität gesetzt“, erläutert Christ.  

Deshalb hat die Gemeinde für mögliche Entwicklungen im Verkehrsbereich Vorsorge getroffen. Auch wenn sich zum gegenwärtigen Zeitpunkt das Thema Elektromobilität erst zu entwickeln beginnt, hat die Kommune kommende Entwicklungen im Blick: mit dem Energieversorger Pfalzwerke hat man im Zuge der Verhandlung über einen neuen Konzessionsvertrag die Installation von zwei Ladesäulen für E-Pedelecs vereinbart und bereits umgesetzt. An den stark frequentierten Stellen im Wald bei den Naturfreundehäusern werden die Ladestationen bereits gut angenommen. Darüber hinaus ist der Bau von zwei Schnell-Ladestationen für Elektrofahrzeuge im Ortsbereich geplant. Weitere Ladestationen sollen folgen. Die Kommune hat inzwischen fünf potenzielle Standorte ins Auge gefasst. Die Nationale Organisation Wasserstoff- und Brennstoffzellentechnologie (NOW), die die Förderprogramme des Bundes zur Ladeinfrastruktur und E-Mobilität betreut, rät den Kommunen zum Einstieg in die Elektromobilität und zur umfangreichen Nutzung der bestehenden Fördermöglichkeiten. Bis 2030 will Deutschland die CO2-Emissionen im Verkehr um 40 Prozent senken.

Klimaschutzteilkonzept Verkehr legt Schwerpunkt auf Fahrradmobilität

Seit 2015 hat Böhl-Iggelheim im Rahmen ihres Klimaschutzteilkonzepts Verkehr dem Fahrradverkehr eine hohe Priorität eingeräumt. So hat es sich die Gemeinde zum Ziel gesetzt, innerörtlich gute Bedingungen für den Individualverkehr mit dem Fahrrad zu schaffen: Angefangen bei Unterstellmöglichkeiten für Fahrräder an Bushaltestellen und am Bahnhof sowie in  der Ortslage. Darüber hinaus hatte sich durch die Befragung der Bürger zusätzlicher Handlungsbedarf ergeben, wie etwa die Entfernung von Barrieren, die ursprünglich dazu gedacht waren, den Übergang von Fahrradwegen auf den Straßenbereich zu unterbinden. „80 Prozent dieser Barrieren haben sich als überflüssig und hinderlich erwiesen“, so Christ. „Also haben wir sie wieder entfernt“.

Demografischer Wandel beeinflusst auch den Klimaschutz

Wie viele Kommunen in Deutschland sieht sich auch Böhl-Iggelheim einem demografischen Wandel gegenüber. Es ging darum, vor allem älteren und mobil einschränkten Mitbürgern die Teilhabe am gesellschaftlichen Leben weiterhin zu ermöglichen. So verwundert es nicht, dass ein neues innerörtliches Bussystem speziell auf die Bedürfnisse dieser Zielgruppe ausgerichtet ist. Damit bleibt dieser zahlenmäßig wachsende Teil der Einwohnerschaft in der Lage, auch ohne fremde Hilfe und ohne eigenes Fahrzeug mobil und damit unabhängig zu bleiben.

Bürgerbeteiligung als Erfolgsgarant

An einem Punkt lässt Christ im Zusammenhang mit Klimaschutzaktivitäten der Gemeinde keinen Zweifel: das Thema Bürgerbeteiligung ist der entscheidende Schlüssel, um Themen wie Klimaschutz und Energiesparen in den Köpfen seiner Bürger zu verankern. Sie ist seiner Meinung nach ein wesentlicher Garant für den Erfolg des Klimaschutzteilkonzepts der Gemeinde. Die Beteiligungsformen, wie etwa die Workshops und Ortsbegehungen im Rahmen der Umsetzung des Klimaschutzteilkonzeptes, nahmen Bürgern sehr gut an. „Dort hat sich schnell ein großes Interesse am Thema Fahrradmobilität herauskristallisiert“, so Martina Eisel, Mitarbeiterin in der Stabsstelle Wirtschafsförderung und Standortmarketing. „Die Gewichtung der einzelnen Projekte ist ganz klar von den Bürgern ausgegangen“, so Eisel.

Einflussgrößen zur Reduzierung der CO2-Emissionen

Die Verringerung des Verkehrsaufwands durch Verbesserung der innerörtlichen Infrastruktur und der Ausbau des Radwegenetzes sind nur einige der möglichen Stellschrauben, die klimaschädigenden Emissionen zu reduzieren. Für Christ zählen dazu aber auch geänderte Nutzergewohnheiten. So hat man durch einen Schulwegeplan bereits vor Jahren die Grundlagen gelegt, dass der morgendliche Transfer von Schülern zur Schule möglichst nicht mit dem Auto, sondern im Sinn eines reduzierten Individualverkehrs zu Fuß möglich wird.  Und der niveaugleiche Ausbau von Gehwegen hilft auch behinderten Personen, sich gefahrlos etwa mit Rollstühlen auf verbreiterten Gehwegen zu bewegen.

Geringere Verkehrsintensität nur durch Verkehrsverlagerung möglich

Ein Park-and-ride Parkplatz soll die Bürger eher dazu bewegen, das gut ausgebaute Nahverkehrsnetz zum Auspendeln stärker  zu nutzen. Doch eine Verkehrsverlagerung zur Entlastung der innerörtlichen Ortslagen ist angesichts von 13.000 bis 17.000 Fahrzeugen täglich eine große Herausforderung. Christ würde innerorts die verkehrsfreien Zonen gerne deutlich ausweiten, damit sie dem Fahrradverkehr zugute kommen.

Kontakt:

Martina Eisel, Gemeindeverwaltung Böhl-Iggelheim
Stabstelle „Wirtschaftsförderung und Standortmarketing“
Am Schwarzweiher 7
67459 Böhl-Iggelheim

Telefon: 06324 / 963-219
Telefax: 06324 / 963-170
E-Mail: martina.eisel@boehl-iggelheim.de
Internet: www.boehl-Iggelheim.de