Fachtagung „Nahwärmeprojekt sucht Finanzierer – Nahwärme gemeinsam finanzieren“
Am 27. August 2025 lud die Energieagentur Rheinland-Pfalz, gemeinsam mit den Kommunalen Spitzenverbänden und dem Verband Kommunaler Unternehmen (VKU), zur Fachtagung „Nahwärmeprojekt sucht Finanzierer“ in den Erbacher Hof nach Mainz ein. Ziel war es, Kommunen mit konkreten Projekten direkt mit potenziellen Finanzierern zusammenzubringen. Rund 100 Teilnehmende aus Kommunen, Banken, Genossenschaften, Stadtwerken, Politik und Wissenschaft diskutierten über die Frage, welche Wege zur Finanzierung der Wärmewende es gibt und wie kommunale Wärmenetze künftig finanziert und umgesetzt werden könnten. Im Dialog zeigte sich, dass es manchmal sinnvoll ist ausgetretene Pfade zu verlassen und nach neuen und innovativen Lösungen zu suchen. Gerade in dieser Hinsicht war die Veranstaltung ein voller Erfolg!
Finanzierung als gesamtgesellschaftliche Aufgabe
Moderator Prof. Christian Held (bbh) betonte eingangs, dass die Wärmeversorgung nicht nur eine technische, sondern vor allem eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe ist. „Wenn wir hier innovative Lösungen schaffen, können wir den Kommunen den Weg in eine klimaneutrale Zukunft ebnen.“ In seiner Keynote machte Prof. Dr. Martin Pudlik (TH Bingen) deutlich, dass Wärmepumpen und Wärmenetze künftig die dominierenden Technologien der Wärmeversorgung sein werden. Gerade für kleine Städte und Gemeinden mit engen Strukturen seien Nahwärmenetze oft die einzige realistische Lösung zur Erfüllung gesetzlicher Anforderungen.
Anforderungen aus Sicht der Finanzierer
Im anschließenden Impulsgespräch schilderten Vertreterinnen und Vertreter von DAL (Deutsche Anlagen Leasing), der Verbände VKU und VEDEC, des Bündnisses Bürgerenergie und der Naturstrom AG, was Projekte finanzierbar macht: Genossenschaften betonten die Vorteile von Nachrangdarlehen und ehrenamtlichem Engagement, während Naturstrom auf neue und innovative Modelle wie Crowdfunding oder Social Contracting verwies. Einigkeit bestand darin, dass Kommunen bei der Wärmewende und dem Bau von Nahwärmenetzen eine aktive Rolle übernehmen sollen, indem sie Projekte politisch unterstützen und kommunale Flächen zur Verfügung stellen.
Podiumsdiskussion: Wege in die Umsetzung
Die Podiumsdiskussion machte deutlich: Für die Transformation der Wärmeversorgung werden enorme Investitionen benötigt – allein in den kommenden Jahrzehnten rund 260 Milliarden Euro. Diese Aufgabe könne nicht von Banken allein getragen werden. Neben staatlicher Förderung seien verlässliche gesetzliche Rahmenbedingungen und Anreize für private Investoren nötig. Darüber hinaus müsse die Wärmewende auch sozialverträglich sein, sodass einzelne Haushalte nicht überfordert und soziale Spannungen nicht verschärft würden.
Praktische Erfahrungen zeigten, dass Wärmenetze nur dann erfolgreich umgesetzt werden, wenn Kommunen, Genossenschaften und private Partner eng zusammenarbeiten. Prof. Thomas Giel (Hochschule Mainz) mahnte zur Beschleunigung: „Wir müssen an die Startblöcke – derzeit stehen wir noch in der Umkleidekabine.“
Praxisbeispiele: Vielfalt der Modelle
Vier Praxisbeispiele aus Rheinland-Pfalz verdeutlichten, dass es kein einheitliches Modell gibt, sondern unterschiedliche Wege zum Erfolg führen können:
- Gimbweiler: Kooperation zwischen Kommune, Verbandsgemeinde und EDG mbH, Finanzierung überwiegend kommunal.
- Ellern: Rein kommunales Modell, getragen von den Verbandsgemeindewerken.
- Kappel: Energiegenossenschaft gründete und finanzierte das Netz mit Unterstützung einer Regionalbank.
- Liers / Hönningen: Gemeinde und Bürger gründeten eine Genossenschaft, Finanzierung über Fördermittel (KIPKI) und Fremdkapital.
Alle Beispiele zeigen: Entscheidend ist die Anpassung an die lokalen Rahmenbedingungen – ob kommunal, genossenschaftlich oder über Contractor-Modelle.
Projektbörse: Projekte treffen Kapital
Einer der Höhepunkte der Tagung war die Projektbörse. Kommunen präsentierten ihre Nahwärmevorhaben in kurzen Elevator-Pitches und kamen anschließend an Projektstationen mit Finanzierern direkt ins Gespräch. Das Format erwies sich als voller Erfolg: Banken und Investoren zeigten großes Interesse, stellten konkrete Fragen und signalisierten Gesprächsbereitschaft für nächste Schritte. Auch unter den kommunalen Vertreterinnen und Vertretern führte die Börse zu intensivem Austausch und neuen Ideen.
Fazit
Zum Abschluss fasste Paul Ngahan, Leiter des Kompetenzzentrums Nahwärme, die Ergebnisse des Tages zusammen: „Viele Projekte in Rheinland-Pfalz sind reif für die Finanzierung und Umsetzung“. Damit diese Nahwärmenetze Realität werden, braucht es aber Kreativität, Mut und vor allem neue Finanzierungsmodelle – getragen von Kommunen, Bürgerinnen und Bürgern, Finanzinstituten und privaten Partnern. Die Fachtagung hat gezeigt: Wenn unterschiedliche Akteure miteinander ins Gespräch kommen und alle am selben Strang ziehen, kann die Wärmewende gelingen. Gemeinsam können wir diese Zukunftsaufgabe stemmen!
Ausblick
Die Fachtagung hat eindrucksvoll gezeigt, wie groß das Interesse an tragfähigen Finanzierungswegen für Wärmenetze ist. Das innovative Format fand breite Zustimmung – viele Teilnehmerinnen und Teilnehmer äußerten den Wunsch nach einer Fortsetzung. Besonders geschätzt wurde die Möglichkeit, Projekte in kurzen Pitches zu präsentieren und anschließend direkt mit Finanzierern ins Gespräch zu kommen.
Der Erfolg der Veranstaltung hat deutlich gemacht: Die Wärmewende braucht diesen direkten Dialog. In einer möglichen Folgeveranstaltung soll daher eine praxisnahe Checkliste mit konkreten Parametern vorgestellt werden, die Kommunen hilft, Machbarkeitsstudien so aufzubereiten, dass sie den Anforderungen externer Finanzierer entsprechen. Damit wird die Brücke zwischen Projektideen und Kapital weiter gefestigt – ein entscheidender Schritt auf dem Weg zur finanzierbaren und realisierbaren Wärmewende vor Ort.