Duchroth, ein 500-Seelen Dorf in der Verbandsgemeinde Rüdesheim in der Mitte von Rheinland-Pfalz, hat Großes vor. Die kleine Gemeinde plant ein innovatives Nahwärmenetz, bei dem erneuerbarer Strom, beispielsweise aus Wind- und Solarenergie, in Wärme umgewandelt und für die Wärmeversorgung genutzt.
Die Idee kam 2020 auf, da rund 80 Prozent der Gebäude mit Öl beheizt werden; ein Gasnetz existiert in der Kommune nicht. So stellte sich für Ortsbürgermeister Jörg Schneiß insbesondere angesichts der stark gestiegenen Energiepreise und der unsicheren Versorgung die Frage, wie Duchroth seinen Bürgerinnen und Bürger eine nachhaltige, unabhängige und regionale Wärmeversorgung bieten könnte.
Interesse an Nahwärme groß
Ein vom IfaS (Institut für angewandtes Stoffstrommanagement) erstelltes Quartierskonzept bestätigte die grundsätzliche Eignung für ein Nahwärmenetz, da die potenziellen Anschlusspunkte relativ dicht beieinander liegen. „Der springende Punkt wird sein, wie viele Haushalte mitmachen und sich an ein Nahwärmenetz anschließen lassen. Denn nur mit genügend Teilnehmer ist ein Nahwärmenetz wirtschaftlich sinnvoll“, so Daniel Juncker, erster Beigeordneter der Gemeinde Duchroth. Sicherlich ist bei diesem Punkt auch zu berücksichtigen, wie industriell modularisch auf- und ausgebaut werden kann. Das Interesse an einer Wärmeversorgung über ein Nahwärmenetz im Ort ist groß: „Bei einer ersten Umfrage haben über 100 der rund 200 Haushalte ihr Interesse bekundet“. Die Vorteile eines Nahwärmenetzes liegen auf der Hand: Eine nachhaltige Wärmeversorgung unabhängig von fossiler Energie, stabile Preise, Versorgungssicherheit und den Komfort, dass der Betreiber sich um Wartungen und Reparaturen kümmert. Insbesondere die hohen Investitionskosten für eine neue Heizungsanlage bliebe den Bürgerinnen und Bürger damit erspart.
Wind erzeugt Strom und Wärme
Die Gemeinde entschloss sich aufgrund der positiven Bewertung, das Nahwärmeprojekt weiterzuverfolgen. Herauskristallisiert hat sich, dass ein kaltes Nahwärmenetz für Duchroth nicht in Frage kommt. Denn der Großteil der Häuser ist deutlich älter als 20 Jahre, wenig wärmegedämmt oder denkmalgeschützt.
Nach Prüfung verschiedener Wärmequellen favorisiert die Gemeinde daher den Einsatz einer Großwärmepumpe, die mit Strom aus künftig eigenen Windkraftanlagen betrieben werden soll. Die Idee: Der Wind liefert den Strom, die Wärmepumpe erzeugt daraus Wärme für das Nahwärmenetz. So entsteht ein regionales, erneuerbares Gesamtsystem, das Strom- und Wärmeerzeugung intelligent miteinander verbindet“ Duchroth verfolgt bereits seit Längerem das Ziel, Windkraftanlagen auf der Gemeindefläche zu errichten. Diese Planung war jedoch mit Herausforderungen verbunden – insbesondere mit Blick auf Interessenskonflikte durch den vorgesehenen Rohstoffabbau auf einem Großteil der potenziellen Windflächen.
Mit Unterstützung der Energie- und Klimaschutzagentur Rheinland-Pfalz konnte ein Kompromiss mit der Planungsgemeinschaft erarbeitet werden, berichtet Juncker.
Juncker hofft, dass die Gemeinde bis Ende des Jahres einen Projektierer an der Seite hat, „dann kann es richtig losgehen“.
Er sieht in der Kombination von Wärmenetz und Windkraft klare Vorteile für Duchroth: „Wir werden bei der Wärmeversorgung autark sein und über die Erträge der Windkraftanlagen mehr Geld in der Kasse haben. Damit könnten wir beispielsweise dringende Investitionen tätigen, insbesondere in die sanierungsbedürftige Gemeindehalle. Auch die Bürger wollen wir in Zukunft involvieren und prüfen bereits die Gründung einer entsprechenden Energiegenossenschaft“.