Tiefe Geothermie

Aufgrund des geothermischen Gradienten von 3 Grad Celsius / 100 Metern ist ein Temperaturniveau von 100 Grad Celsius und mehr erst in Tiefen von mehreren Kilometern anzutreffen. Ausnahmen bilden Regionen mit Anomalien in der Erdkruste oder aktivem Vulkanismus. Hierzu zählen insbesondere der Mittelatlantische Rücken von Island bis zu den kapverdischen Inseln, der Pazifische Feuergürtel von Südost-Asien bis in den pazifischen Raum oder die St. Andreas-Verwerfung entlang der amerikanischen Westküste.

In Deutschland finden sich drei bevorzugte Regionen für die Anwendung der Tiefen Geothermie:

  • Norddeutsches Becken (von Brandenburg bis Niedersachsen)
  • Oberrheingraben
  • Molassebecken im Voralpenland

Funktionsweise

Während es sich beim Norddeutschen Becken um ein petrothermales Reservoir (im Untergrund trocken) handelt, zählen Oberrheingraben und Molassebecken zu den hydrothermalen Reservoiren. Bei Letzteren befinden sich im tiefen Gestein Wasserläufe (Aquifere), die ein direktes Fördern von heißem Wasser durch Tiefbohrungen erlauben. Um den Wasserhaushalt im Untergrund aufrecht zu erhalten, ist ein Reinjizieren durch eine zweite Tiefbohrung (Schluckbrunnen) in Flussrichtung erforderlich. Ein Versickern oder Einleiten der mineralreichen Tiefenwasser in Oberflächengewässer ist nicht gestattet.

Ist der Untergrund trocken, muss zunächst Wasser durch eine Tiefbohrung in den Untergrund verpresst werden. Dabei entstehen durch thermische Spannungen Klüfte im Untergrund, durch die das Wasser hindurchtreten kann und die Wärme aufnimmt. Durch eine zweite Tiefbohrung (Förderbrunnen) wird das heiße Wasser an die Erdoberfläche gefördert. Neben dem Norddeutschen Becken existiert ein breites Band von Sachsen bis Baden-Württemberg mit petrothermalem Potenzial in Deutschland.

Insbesondere in petrothermalen Reservoiren kann es zu mikroseismischen Aktivitäten kommen. Diese lassen sich durch eine Überwachung des Untergrundes und betriebliche Maßnahmen vermeiden.

Planung und Genehmigung

Bei der Planung und Genehmigung von Anlagen zur Nutzung der Tiefen Geothermie sind sowohl das Wasserhaushaltsrecht (WHG) wie auch das Bundesbergrecht (BBergG) zu beachten.

Anwendungsfelder

Wärme auf einem Temperaturniveau von 80 Grad Celsius und mehr kann zum Betrieb von Wärmenetzen und als Prozesswärme für gewerbliche Zwecke genutzt werden. Aufgrund der in der Sole gelösten Gase und Minerale werden Wärmetauscher zwischen geothermaler Ressource und Heizkreis eingesetzt.

Bei noch höherem Temperaturniveau (ab 120 bis 150 Grad Celsius) kommt auch eine Stromerzeugung durch Dampfturbinenprozesse in Frage. Da der Wirkungsgrad der Dampfturbinen mit dem Temperaturniveau zusammenhängt, ist neben der Stromerzeugung immer auch eine Wärmenutzung vorzusehen. Bei 150 Grad Celsius werden elektrische Wirkungsgrade von in der Regel nicht mehr als 10 Prozent erreicht. Der Großteil der Wärme eignet sich dann für den Betrieb von Wärmenetzen.

Beispiele für die Nutzung der Tiefen Geothermie zur Stromerzeugung finden sich im Bereich Landau / Wörth / Karlsruhe und auch im benachbarten elsässischen Soultz-sous-Forêts, sowie unmittelbar südlich von München. Der Einsatz zur Fernwärme ist in einem breiten Streifen südlich der Donau (auch im benachbarten Österreich), sowie in Mecklenburg-Vorpommern und im nördlichen Brandenburg anzutreffen.

Tiefe Geothermie in Rheinland-Pfalz

Eine Zusammenfassung des Fachgespräches "Potenziale der Tiefengeothermie richtig nutzen" am 25. April 2023 in Ludwigshafen. Dieses wurde von der Energieagentur Rheinland-Pfalz gemeinsam mit dem Regionalplanungsverband ausgerichtet.

In Rheinland-Pfalz werden in der Oberrheinischen Tiefebene verschiedene technische Ansätze verfolgt. Zum einen werden frühere Ölbohrungen für die Nutzung der Tiefen Geothermie herangezogen. Dabei kommt ein Wärmetauscher im Bohrloch zum Einsatz, der vom Wirkprinzip einer Erdwärmesonde ähnlich ist. Anwendung findet diese Technologie bereits beim Beheizen eines Schwimmbades bei Landau in der Pfalz. Weitere Vorhaben sind in Planung.

Ein ganz anderer Weg wird mit der Nutzung hydrothermaler Ressourcen eingeschlagen, ebenfalls in der Südpfalz. Neben der geothermischen Wärmegewinnung zur Strom- und Wärmeerzeugung ist das Thermalwasser gleichzeitig auch eine Ressource zur Rohstoffgewinnung. Aquifere in großer Tiefe verfügen in der Regel über hohe Mineralienkonzentrationen. Aus der technischen Herausforderung der mineralischen Belastung wird durch das Abtrennen von Lithium eine wirtschaftliche Chance. Lithium ist eine Basissubstanz für die Herstellung von elektrischen Speichern.

Einen Überblick zur Tiefen Geothermie in Deutschland inklusive Kartenmaterial gibt das Informationssystem GeotIS  des Leibniz-Instituts für Angewandte Geophysik (LIAG) an der Universität Hannover.